Daily Deals 2.0: die große Chance lokaler Netzmedien

von Steffen Greschner am 23. Dezember 2011 · 2.003 Kommentare

Forbes hat einen sehr guten Artikel zu Daily Deals 2.0 – Why Media Companies Will Win. Was ich schon seit zwei Jahren als den einzig logischen Schritt für Groupon und Co. beschreibe, hat Forbes.com ebenfalls erkannt und sieht Lokalzeitungen inzwischen als DEN potentiell erfolgreichsten Partner für eine neue Form von Community getriebenen Angeboten:

Publishers and media companies are in the catbird seat in the next wave of daily deals and group buying for several reasons. For decades, newspapers, magazines and broadcast outlets have built powerful brands that deliver the day’s local, national and international news, while at the same time serving up local ads and online offers that deliver valuable discounts to consumers in the context of meaningful content. Many publishers are creating great content for consumers – and looking for ways to monetize it better. Deals are a powerful monetization program that local publishers can offer to benefit the bottom line.

Ich habe ebenfalls schon oft auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Lokale Medienhäuser sich als Technologie-Anbieter für den lokalen Einzelhandel positionieren müssen, um die langjährig aufgebauten Partnerschaften und Kontakte auch online kapitalisieren zu können:

Here is how it works: a publisher, instead of charging a strict 40% of a deal sold, could offer either a flat fee or cost per thousand impressions. This would include a full-page listing on the publication Website, an ad unit and e-mail outreach to the publisher’s subscribers. To add to the allure for merchants, the media company might take a smaller percentage (5-10%) for the deal sold. This way, the publisher is pricing impressions and branding differently from buyers and aligning the pricing model to generate value for the merchant.

Gerade aus den Kontakten, die einige Lokalblogs mit den Branchenbuchansätzen aufbauen, ließen sich spannende lokale Groupon-Modelle entwickeln, bei denen der Händler nicht für jedes eingestellte Angebot bluten muss. Die Chance liegt in der lokalen Community.

Keep it simple: Branchenbücher im lokalen Umfeld

von Steffen Greschner am 22. Dezember 2011 · 220 Kommentare

Branchenbücher in allerlei Abwandlung werden inzwischen von einigen lokalen Netzmedien als Erlösmodell erkannt. Nach meinesuedstadt.de setzen inzwischen auch einige andere auf Weiterentwicklungen das klassischen Branchenbuchs. Mit Lokalnews.de hat sich auch ein verlagsgetriebenes Angebot angeschlossen.

Einen tollen, weil einfachen Ansatz eines Branchenbuchs haben zwei Studenten in der Kleinstadt Oyten (in der Nähe von Bremen) letzten Freitag gelauncht. Unter deinoyten.de haben sie ein Branchenbuch aufgesetzt, mit dem sie ganz bewusst zwei Schritte zurück gehen und damit sowohl den lokalen Händlern, wie auch den meisten lokalen Nutzern aus der Seele sprechen. Schön ist, dass jeder lokale Händler zwischen einem kostenlosen und einem Premium-Dienst wählen kann:

Unser Konzept:

  • keine unnützen Informationen
  • keine Bewertungen
  • eine optimierte Suche
  • ein ansprechendes Design
  • zielgerichtete Werbung aus der Region
  • und das Wichtigste: Die Öffnungszeiten

Der Weser-Kurier schreibt dazu:

Auch wenn einige am Anfang etwas skeptisch waren und sich sorgten, wieviel der Eintrag denn nun wirklich koste. Aber wir betonen, ein normaler Eintrag mit vielen Grundinformationen ist völlig kostenlos. Wir wollten einfach Abhilfe schaffen für das ernüchternde Suchen auf anderen Seiten”, erklären die Tüftler.
(..)
Es gebe auch ein kostenpflichtiges “Pluspaket”, das zum Beispiel die Erstellung eines kleinen Werbespots beinhalte, aber das sei eben nur eine Option. Über 2500 Arbeitsstunden seien bislang in das große Projekt geflossen. Mit viel Liebe zum Detail wurde die Seite entwickelt.
(..)
Derzeit sind bereits 280 Einträge auf der Seite deinOyten.de zu finden, das seien 90 Prozent der vorhandenen Geschäfte in der Gemeinde

Das herausfordernde an Branchenbüchern im Zusammenhang mit lokaljournalistischen Angeboten, ist die Chance mit der kompletten lokalen Community zu arbeiten. Die Händler auf der einen und die Leser auf der anderen Seite, bieten Möglichkeiten zu vielen weiteren kreativen Erlösmodellen, die allen Beteiligten zum Vorteil werden (Wanted: spannende Geschäftsmodelle im Journalismus).

Etwas irritierend ist in dem Zusammenhang, dass mit Mein-Spandau.de der TVG Telefonbuchverlag ein Testprojekt für einen Lokalblog betreibt, aber kein Branchenbuch anbietet. Außer einer Integration des Telefonbuchs in der Sidebar, testet man dort nichts eigenständiges.

Die istlokal-Macher Peter Posztos (Tegernseer Stimme) und Hardy Prothmann (Heddesheimblog) haben ihr System istlokal OS vorgestellt, das sie an freie Journalisten und Lokalblogger vermarkten wollen:

istlokal OS ist ein optimiertes CMS (WordPress) und eignet sich ideal für die lokale und regionale Berichterstattung. Teil des System sind ebenfalls optimierte Werbeplätze (bis zu 20 auf der Startseite), um das Blog zu monetarisieren. Neben der Technik bietet die istlokal Medienservice UG (haftungsbeschränkt) in Gmund einen Service zu Journalismus und Vermarktung an.

Neben Technik und Hosting will istlokal auch Hilfe bei den Themen Recht, Journalismus und Vermarktung bieten. Anders als die Passauer Lokalnews GmbH setzt istlokal bei OS aber nicht auf ein klassisches Franchise Modell und ruft mit 49 Euro/Monat einen deutlich günstigeren Preis auf. Wie und zu welchen Konditionen allerdings die gemeinsame Vermarktung im Netzwerk ablaufen soll, bleibt ein spannender Punkt:

Technik

  • ein erprobtes Layout für Lokalredaktionen
  • viele ansprechende Layoutmöglichkeiten
  • ein werbeoptimiertes Layout
  • eine funktionierende Systemumgebung
  • ein schnellrn Support und Systemadministration
  • eine kontinuierliche Weiterentwicklung
  • eine sorgenfreie Datensicherung

Journalismus

  • viele Layoutvorschläge zur optimalen Präsentation
  • einen Newsletter zur Themenplanung und Umsetzung
  • viele Tipps zur Organisation
  • einen wertvollen Themen, Artikel- und Bilderaustausch
  • ein Netzwerk um Themen und Inhalte zu disktutieren
  • ein Printlayout zur freien Verwendung

Vermarktung

  • Argumentationshilfen, Konzepte, Hinweise zur Kundengewinnung
  • einen Newsletter mit wertvollen Hinweisen
  • eine netzwerkweite Vermarktung
  • viele Vorlagen, um Kunden zu gewinnen
  • ein Netzwerk, um Erfahrungen auszutauschen

Rechtliches

  • viele Mustervorlagen zu Verträgen
  • einen Newsletter mit rechtlichen Informationen
  • ein Netzwerk zum Austausch von relevanten Rechtsinformationen

Leider klingt die Vorstellung von istlokal OS an manchen Stellen etwas nach Teleshopping und Verkaufsmasche, obwohl weder das Konzept, noch die Betreiber das nötig haben:

Und dann schauen Sie auf Ihre Zahlen und stellen fest, dass Sie viel Zeit und Nerven gespart haben, dass die Zugriffe und Ihre Umsätze wachsen und Sie sich auf dem Weg zum unternehmerischen Erfolg befinden.

Klingt wie ein Märchen?

Klar, wenn Sie nichts tun, ist alles nur ein Traum.

Wenn Sie unternehmerisch handeln, sich vernetzen, Kompetenz einkaufen und nutzen, dann wird aus dem Traum schnell Realität.

Sie verwurzeln sich, arbeiten relevant und verdienen Geld mit Lokaljournalismus.

Die Idee ist vielversprechend. An der Umsetzung sollte aber noch gearbeitet werden. Durch die erste Ankündigung wird noch nicht endgültig klar, wo die Reise hingehen soll.


Ich schreibe es immer dazu und so auch dieses Mal: Ich bin Mitgründer der Tegernseer Stimme, die inzwischen auch an istlokal Medienservice beteiligt ist. Seit einiger Zeit bin ich aber nicht mehr im Tagesgeschäft dabei. Ich stehe der Tegernseer Stimme aber nach wie vor beratend zur Seite.

In eigener Sache: Radiobeitrag, Drehscheibe, Roundtable

von Steffen Greschner am 19. Dezember 2011 · 5 Kommentare

Werbung in eigener Sache muss manchmal sein. Am letzten Sonntag lief im Medienmagazin des Bayrischen Rundfunks ein Beitrag, in dem ich zur Entwicklung von Lokalblogs befragt wurde (ab Minute 5:45):

Für das aktuelle Magazin der “Drehscheibe” habe ich auch einige Statements zur Entwicklung deutscher Groupon-Klone in Tageszeitungen zum Besten gegeben. Leider ist das Magazin und der Beitrag nur im Abo zu bekommen.

netzleser Roundtable Erlösmodelle 2012

Das Wichtigste ist mir aber ein erster Hinweis auf einen netzleser Roundtable im Frühjahr 2012. Das genaue Datum steht noch nicht fest. Veranstaltungsort ist Berlin. Das Ziel des Roundtables: Ein branchenübergreifender Austausch zu Erfahrungen und Möglichkeiten mit Inhalten Geld zu verdienen – es gibt einfach mehr als nur Anzeigen und Paid Content.

Ich habe bereits einige sehr gute Zusagen von Zeitungsverlagen, Branchenbuchverlagen und den führenden Lokalblogs. Außerdem von einem regionalen Fernsehsender, Veranstaltern, Händlern und Shopping-Party-Initiatoren. Das wird ganz bewusst kein journalistischer Branchentreff, sondern ein spannender Austausch, der über gewohnte Branchengrenzen hinweg geht.

Weitere Interessenten können sich gerne melden: info@netzleser.de

Die Online-Big-Player beackern den lokalen Markt

von Steffen Greschner am 14. Dezember 2011 · 120 Kommentare

Die realen lokalen Märkte werden in den nächsten Jahren die wohl am härtesten umkämpften sein. Die letzten Bastionen der Lokal- und Regionalzeitungen und die Gebiete der Wochen- und Anzeigenblätter, sind längst das Ziel der Großen im Online-Business. Newsosaur Alan D. Mutter hat das heute zusammengefasst:

Google already has feet on the street from Portland to New York City to sell search advertising and directory listings to small and medium business (SMBs). It is only a matter of time until the company targets ever-smaller markets like Cincinnati. Oops, it looks like it already has. Sales to local SMBs are absolutely the last stronghold for newspapers and Yellow Pages. If Google (and others) move in effectively with low-cost, high-touch services, then local publishers – who long have enjoyed the mastery of their domains and the pricing power it afforded – will be in a world of hurt.

Amazon is well on the way to doing to local merchants and big-box stores what it already has done to bookshops. Not satisfied with introducing the Kindle Fire as a hand-held reading and shopping machine, the company has launched a new mobile app called Price Check that lets you scan a barcode at Best Buy (or any other place) to get a better buy from Amazon before you leave the store, thus skipping the checkout line and avoiding sales taxes in many jurisdictions.

Microsoft this month grabbed a lead in the eventual disaggregation of local broadcast and cable TV audiences by adding a host of popular programming services, including Netflix and ESPN, to the Xbox network that reaches some 35 million households. Impressive as the new voice- and gesture-controlled Microsoft console is, the big kahuna – Apple – has yet to roar.

In Deutschland sind diese Dienste bisher noch nicht verfügbar.

Aber das ist – wie immer – nur eine Frage der Zeit.

Tegernseer Stimme: Community mit hohem Frauenanteil

von Steffen Greschner am 14. Dezember 2011 · 1.944 Kommentare

Die Tegernseer Stimme hatte vor einigen Tagen den 2.000 ‘ten Facebook-Fan gefeiert. In einem Artikel gibt man einen sehr interessanten Einblick in die Struktur der Leser. Etwas überrascht hat mich ehrlich gesagt, der mit 53% hohe Frauenanteil:

Die Statistik der Facebook-Seite verrät, dass etwas mehr Frauen als Männer die Tegernseer Stimme mögen. Rund 52 Prozent der Fans sind zwischen 25 und 44 Jahre alt, gefolgt von den 18- bis 25-Jährigen mit 22 Prozent. Minderjährig sind gerade mal 100 Tegernseer Stimme-Fans. Der Altersbereich ab 55 liegt mit dieser Gruppe gleich auf: 106 Fans.

Doch wie alt oder jung die Facebook-Fans auch sein mögen, sie sagen gern ihre Meinung: Seit September 2010 wurde die Beiträge der Tegernseer Stimme etwa 2.550-mal kommentiert oder mit einem “Gefällt mir” ausgezeichnet.

Dazu kommen noch rund 1.700 Kommentare auf der Webseite im letzten Halbjahr. Das alles spricht in einem Einzugsgebiet von 20.000 potentiellen Lesern für eine sehr aktive Community.

Gerade der hohe Frauenanteil von 53% bietet die Chance neue und andere Erlösmodelle zu testen. Shopping-Parties sind da nur eine Möglichkeit. Spannend ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie man Frauen von passiven Lesern zu aktiven Kommentatoren macht. Trotz der hohen Frauenquote bei der Tegernseer Stimme, ist der Großteil der Kommentarschreiber männlich. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest, wenn man sich die Kommentare durchliest.

Wann kommt die erste Lokalmedien Shopping-Party?

von Steffen Greschner am 13. Dezember 2011 · 220 Kommentare

Tupper, Lesekreise, Pepperparties und Co. – Shopping-Parties funktionieren schon seit Jahrzehnten erfolgreich. Warum? Weil sich kleine Communities bilden, die einen Abend Spaß haben und nebenbei noch coole Sachen kaufen.

Das Potential, das darin steckt wird bisher online kaum genutzt. Und das obwohl gerade neu entstandene und unabhängige Netzmedien und Lokalblogs inzwischen sehr gut funktionierende und lokal klar eingrenzbare Communities aufgebaut haben, mit denen man sehr viel testen und entwickeln könnte.

Fashionblogs sind da bereits etwas weiter und organisieren Schuh-Shopping-Parties mit lokalen Händlern:

Ein Schuhkränzchen nur für Dich und Deine Freundinnen. Bei pritzelndem Prosecco und leckeren Häppchen könnt Ihr Euch nach Ladenschluss ausgiebig durch das Sortiment wühlen und Schuh für Schuh anprobieren. Die perfekte Schuh-Shopping-Party. Und kein Streit! Es sind genug für alles da. sid

Exklusiv für Goldstück-Leserinnen: Wenn Du bis Ende Dezember ein “goldenes Schuhkränzchen” buchst, gibt’s für alle Teilnehmerinnen Deines Kränzchens eine Flasche Imprägnierspray als Geschenk obendrauf.

Gerade im lokalen Umfeld, wo alltägliche Produkte nicht oder oft nur in begrenzter Auswahl angeboten werden, kann über Events viel bewegt werden.

Das sind Ansätze, deren Potential im lokalen Umfeld fast nur unterschätzt werden kann.

Wanted: spannende Geschäftsmodelle im Journalismus

von Steffen Greschner am 12. Dezember 2011 · 129 Kommentare

Jochen Krisch von Exciting Commerce hatte vor kurzem einen Aufruf, dem ich mich in abgewandelter Form sehr gerne anschließe: Wie sehen zukunftsfähiges Geschäfts- und Erlösmodelle für den Journalismus aus?

Gibt es wirklich nur die zwei gedanklichen Ansätze “Werbung” oder “Paid-Content”? Oder gibt es nicht vielleicht noch ganz andere Ansätze den Zugang zu Einzelhandel und Leserschaft zu kapitalisieren? Müssen neue Geschäftsmodelle immer auf Kosten der Leser oder der Anzeigenkunden gehen?

Oft sind gerade Drittparteien, die mit dem eigentlichen Angebot nichts zu tun haben, aber gerne Zugang zu den Zielgruppen hätten, mehr als willens für den Zugang zu den lokalen Communities zu zahlen.

Ein journalistisches Angebot bietet nicht nur die Möglichkeit den lokalen Händlern den Zugang zur potentiellen Zielgruppe zu gewähren. Auch die Händler selbst können Zielgruppe sein.

Wer sich ernsthaft Gedanken über neue Geschäftsmodelle macht, sollte sich zumindest einen umfassenden Überblick über mögliche Erlösmodelle verschafft haben. Und das aus allen denkbaren Richtungen. Journalismus ist kein reines BtoC Modell. Auch im BtoB Bereich lassen sich neue Ideen und Kapitalisierungsmodelle finden.

In Business Model Generation (“Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer”) sind neben den klassischen auch eine Fülle ausgeklügelterer Geschäftsmodelle zu finden. Chris Anderson und Jeff Jarvis beschreiben in ihren Bestsellern “Free” bzw. “Was würde Google tun?”, wie sich (Dienst-)Leistungen quasi gratis anbieten lassen, wenn man geeignete Dritte findet, die mehr als willens sind, die Zeche zu zahlen.

Ein Groupon (oder sonstiger Schnäppchendienst), der den Händler nichts kostet außer guten Angeboten, oder ein Gelber Seiten Dienst, für den ein lokaler Anbieter nichts zahlen muss, ist für den Anbieter nicht nur attraktiver. So ein Dienst lässt sich auch von potenziellen Wettbewerbern nur sehr schwer unterbieten.

Es spricht nichts dagegen, Premiumservices anzubieten, die dann auch kosten dürfen, aber fairerweise sollte zumindest der Basisdienst kostenfrei sein. Denn aus unserer Sicht ist es ziemlich scheinheilig, wenn journalistische Angebote ausgerechnet bei denen abkassieren, denen sie vorgeben helfen zu wollen. Eben weil es online mittlerweile eine Fülle intelligenterer Modelle gibt, um tolle Services nicht nur nutzer-, sondern auch händlerseitig kostenneutral zu gestalten.

Auf ein Journalistisches Geschäftsmodell herunter gebrochen könnte das also bedeuten: Weder Leser, noch der Einzelhandel finanzieren das Angebot über Paid-Content oder Anzeigen. Vielleicht findet sich aber ein Dritter, der bereit ist für den Zugang zur lokalen Community, bestehend aus Händlern und Lesern, zu bezahlen.

Erlösmodell Lokalwährung: Zahlungsanbieter kauft Blog

von Steffen Greschner am 8. Dezember 2011 · 129 Kommentare

Ich habe hier schon öfter auf die Möglichkeiten und Chancen lokaler Communities hingewiesen. Ein Thema, das meist eher von Branchenfremden, als von der Journalismusbranche selbst angetrieben wird.

Ein Community-Ansatz, der es lohnt beobachtet zu werden, startet gerade in Dresden. Der Zahlungsabwickler secupay AG hat den Lokalblog Die Neustadt vor kurzem übernommen und mehr oder weniger zeitgleich eine lokale Währung, bzw. eine lokale Guthaben-Kreditkarte eingeführt, die über den Blog vorangetrieben wird:

Du bekommst unsere Neustadtkarte in allen teilnehmenden Geschäften des Viertels und online auf dieser Seite. Im Shop findest du den Viertel.Dollar meist im Kassenbereich. Bevor es losgehen kann, musst du dich erst mal für ein Design entscheiden. Dann lädst du die Karte mit dem gewünschten Betrag auf und schon kannst du deinen Viertel.Dollar nutzen, solange bis dein Guthaben aufgebraucht ist. Natürlich kannst du ihn wieder aufladen oder aber eine neue Karte mit anderem Design wählen.

Mit dem Viertel-Dollar kann man in verschiedenen Einzelhandelsgeschäften und der Gastronomie bezahlen. Die Abrechnung erfolgt über die secupay AG. Die Karten selbst funktionieren wie EC-Karten. Außerdem wird die Bezahlung mittels Smartphone-App angeboten. Bei jeder Transaktion gehen 1,5% an soziale Projekte in der Dresdner Neustadt und 1,4% an die secupay AG.

Ein tolles Beispiel, wie man eine durch Journalismus entstanden Community vorantreibt und kreative Erlösmodelle abseits der klassischen Anzeigen und Paid-Content-Ansätze findet. Der Journalistische Inhalt ist nur das Rahmenmodell, die Unterhaltung und der Grundstock der Community.

Toll zu verfolgen, wie immer mehr Branchenfremde im journalistischen Umfeld StartUps gründen und damit ganz neue Denkansätze einbringen. Mit Westnetz.ch ist eines der aktuell spannendsten Lokalprojekte vor knapp zwei Wochen in Zürich an den Start gegangen. Westnetz.ch zeigt, wie Lokaljournalismus auch aussehen kann. Initiator ist – aufgepasst – die Züricher Straßenbahn!

Westnetz.ch ist begleitend zur Einführung einer neuen Straßenbahnlinie entstanden. Mit einem Budget von rund 120.000 Euro haben die Züricher Verkehrsbetriebe (VBZ) ein Projekt auf die Beine gestellt, das einige aktuelle Trends im Lokaljournalismus toll aufgreift und vor allem umsetzt. Das man damit in direkte Konkurrenz zur Lokalzeitung tritt, war den Machern nicht in letzter Konsequenz bewusst. Der NZZ als lokalem Platzhirsch allerdings schon:

Alte Rollenbilder scheinen nicht nur in Familienfragen ausgedient zu haben. Wie ist es sonst zu erklären, dass sich ein städtischer Verkehrsbetrieb nun als Verleger gebärdet? So geschehen in der Stadt Zürich. Die hiesigen Verkehrsbetriebe VBZ haben nämlich am Donnerstag in einem Communiqué mitgeteilt, sie schafften «nicht nur ein neues Tram, sondern auch eine innovative Online-Plattform». Dieser Auftritt soll in Zürich-West den «engen Bezug zwischen ÖV-Erschliessung und Quartierleben visualisieren».

Mit einer Mischung aus Bürgerjournalismus und Branchenbuch will Westnetz.ch zur Informationsplattform für das leben im Quartier Zürich-West werden. 23 Anwohner wurden in Workshops ausgebildet und bilden zum Start den harten Kern. Als Gegenleistung bekommt jeder ein Smartphone (zum Einstellen der Beiträge), eine Monatskarte und absolute Freiheit beim erstellen der Beiträge.

In der ersten Phase geht Westnetz.ch allerdings vor allem auf den lokalen Einzelhandel zu und bietet die Möglichkeit kostenlose Firmenprofile zu erstellen und natürlich Beiträge als Firma veröffentlichen zu können. In den ersten 10 Tagen haben rund 400!!! Firmen das Angebot genutzt. Täglich schreiben die Firmen schon zum jetzigen Zeitpunkt etwa 10 Beiträge zu Mittagstischen, Veranstaltungen und speziellen Angeboten. Außerdem arbeiten einige Händler bereits mit speziellen Gutscheinen, die Westnetz-Nutzern Rabatte gewähren – Groupon lässt grüßen.

Laut der Sprecherin der VBZ ist als nächster Schritt geplant, dass sich Anwohner ebenfalls Profile auf Westnetz.ch erstellen können. Nach einer Testphase mit dem Pilotprojekt kann man sich außerdem vorstellen, das Konzept über komplett Zürich auszuweiten.

Nur eines kann man sich bei der VBZ nicht vorstellen: Für das Angebot Geld zu verlangen. Weder von den Unternehmen, noch von den Nutzern. “Das ist nicht unser Geschäftsmodell”, sagt die Sprecherin dazu.

Heinz Vögeli, Leiter Personal und Kommunikation, bei den VBZ spricht in einem Interview über das Projekt und bringt Ideen und Gedanken ein, die ihn eigentlich sofort zum Verlagsmanager befähigen: