Inhaltefabriken – Dienstleister statt Gatekeeper

von Steffen Greschner am 19. Februar 2010 · 114 Kommentare

headerDa stellt es den deutschen Qualitätsjournalismus-Verfechtern wahrscheinlich die Haare auf: komplette Beiträge für 20 Dollar. Erstellt von irgendwem, der gerade Lust auf Schreiben hat oder sein mageres Freelancergehalt aufbessern will. Ob Journalist oder Hausfrau ist vollkommen egal. Was veröffentlicht wird bestimmen die Leser – und ein Algorythmus.

Das das durchaus funktioniert zeigt demandMEDIA inzwischen seit knapp vier Jahren. Über 10.000 freie Mitarbeiter arbeiten für demandMEDIA und suchen sich ihre Themen aus einem Online-Portal. Hier können Themen vorgeschlagen oder aus bestehenden Themen ausgewählt werden. Gezahlt wird immer Freitags: zwischen 5 und 25 Dollar pro Artikel.

ehow

demandMEDIA produziert also Inhalte über eine eigene Freelancer-Community und vertreibt die Inhalte auf eigenen Seiten. Klassisch journalistische Nachrichteninhalte sucht man aber vergeblich. Auf Seiten wie ehow, LIVESTRONG oder CRACKED geht es hauptsächlich um Tipps, Ratschläge und Unterhaltung. Klassische Verbraucherthemen. Finanziert wird demandMEDIA hauptsächlich über google-Anzeigen – die natürlich auf den Artikel abgestimmt sind. In einem Interview bei KRESS sagte der Mitgründer Shawn Colo letzte Woche zum Thema Artikelauswahl:

kress: Was sind die Kriterien, damit ein Thema von Demand aufgegriffen wird?
Colo: Das sind im Wesentlichen drei Dinge. Erstens ist es ein Kriterium, ob es für diesen Inhalt ein ausreichend großes Publikum gibt. Dann, ob es genügend Werbung gibt, die ein solches Thema nachfragt. Schließlich, ob wir mit unserem Stück wettbewerbsfähig gegenüber anderen Anbietern wären. Wir konkurrieren über Suchmaschinen und Plattformen wie Facebook, auf denen Nutzer Inhalte entdecken. Die Frage ist dann, ob ein Beitrag Chancen hat, viral verbreitet zu werden.

Um das herauszufinden hat demandMEDIA einen Algorythmus entwickelt, der die Themen aufgrund von Suchanfragen, Aufmerksamkeit usw. schon im Vorfeld auf die Vermarktbarkeit prüft.

Das ist dann auch schon der interessanteste Punkt an der Sache. Klassische Verlage arbeiten immer noch nach einem alten (und eigentlich völlig überholten) Prinzip: Ein Redakteur, also ein einziger Mensch, entscheidet an seinem Schreibtisch, was Tausende von Menschen zu interessieren hat. Der Wert einer Nachricht wird von oben diktiert und darauf gehofft, dass man damit richtig liegt und es auch wirklich jemand lesen will. Das ist in Zeiten des Internets ziemlich dumm und eine ziemliche Verschwendung von Möglichkeiten!

Klar gibt es bei politischen Nachrichten auch einen Informationsauftrag, der nicht nur in Vermarktbarkeit gemessen werden kann. Aber selbst hier sollten Verlage schnell nach Möglichkeiten suchen, zuverlässig herauszufinden, ob der zwanzigste Artikel über Westerwelles Hartz IV-Schelte wirklich jemanden interessiert oder ob es nicht lediglich die eigene Redaktion ist, die das Thema für wichtig hält.

Communities, Twitter, die eigenen Seitenaufrufe – es gibt schon unzählige Möglichkeiten über Algorythmen herauszufinden, was gerade die wirklich wichtigen Themen sind. Vielleicht sollten Verlage dafür auch die angebotene Hilfe von google annehmen, anstatt sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren. Besser als google wird ihnen zur Zeit wohl keiner sagen können, was die Leser lesen wollen.

Was wirklich gelesen wird, lässt sich auch teurer vermarkten

Das ist dann aber vielleicht auch schon der eigentliche Punkt: Viele Chefredakteure, Verleger und Journalisten haben sichtbare Probleme zu akzeptieren, dass sich etwas in der Informationsgesellschaft geändert hat:

Nicht mehr die Journalisten und Zeitungen bestimmen die wichtigen Themen  - vielmehr geben die Leser heute die Themen vor und die Journalisten haben diese zu bearbeiten!

Dienstleister anstatt Gatekeeper..

demandMEDIA gehört mit rund 100 Millionen Unique-Vistors im Monat zu den 20 größten US-Seiten (laut ComScore).


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